Krieg in der Ukraine: Was bedeutet das für Selbständige und ihr Marketing?

Lars Hahn schreibt auf Twitter: »Und jetzt ist gerade nicht die Zeit für Hey-Marketing, Personal Branding und kluge Newsletter. Ich tu mich schwer mit Business-as-usual, finde dass Pietät und Respekt vor der Trauer und Betroffenheit wegen des Ukraine-Krieges jetzt wichtiger ist.«
In diesen Tagen ist der Krieg in der Ukraine das dominierende Thema – nicht nur in den Nachrichten, auch in den Social Media und persönlichen Gesprächen. Es gibt gefühlt kein anderes Thema mehr. Und dennoch ploppen zwischendurch immer mal wieder Social-Media-Posts auf und Newsletter trudeln ein, die fortfahren, als sei nichts gewesen.
Das ist natürlich nicht per se falsch, kann sich aber deplatziert und unangebracht anfühlen. Lars Tweet hat mir den finalen Stups gegeben, das Thema in einem eigenen Beitrag aufzunehmen. Auch wenn es mir nicht leicht fällt, meine Gedanken zu sortieren und die richtigen Worte zu finden.
Selbständige zwischen
Weltschmerz und Verantwortung
Putins Angriffskrieg macht fassungslos. Wir müssen hilflos zusehen, wie Lebensräume zerstört, Familien auseinandergerissen und Menschen getötet werden. Wir sehen unvorstellbares Leid. Dazu sehen wir, wie Putin das eigene Volk mit Zensur und Desinformationen täuscht. Demonstranten werden inhaftiert, jeder Widerstand wird im Keim erstickt. Und dazu die Gedanken an die Möglichkeit eines 3. Weltkrieges, die Sorgen und Ängste auslösen.
Vielen Selbständigen fällt es schwer, ihrer Arbeit konzentriert nachzugehen. Uns allen stecken Klimakatastrophe und zwei Jahre Pandemie in den Knochen. Viele haben um Umsätze gebangt, ihr Business umstrukturiert, neue Angebot geschaffen. Viele fühlen sich erschöpft und antriebslos. Und dann die Bilder aus der Ukraine. Krieg mitten in Europa.
Auf der anderen Seite tragen wir Selbständige eine Verantwortung. Für unser eigenes Business, unser Einkommen – aber auch für unsere Kund:innen und deren Projekte und Aufgaben. Keine einfache Situation. Viele schwanken zwischen »normal ist gerade kaum möglich« und »es muss weitergehen«.
Was Selbständigen helfen kann
Für Selbständige ist es wichtig, gut auf sich zu achten. Wir können uns nicht krankschreiben lassen und uns auf eine Lohnfortzahlung verlassen. Dass wir nicht nur körperlich, sondern auch seelisch gesund bleiben, ist das Fundament für alles.
Ein erster Schritt ist es, sich einzugestehen, dass einen die Themen bewegen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es ist völlig in Ordnung, sich in Anbetracht der schrecklichen Meldungen schlecht auf die Arbeit konzentrieren zu können. Vieles wirkt gerade unwichtig. Man möchte schauen, wie man seine Haltung vertreten, seine Stimme erheben und helfen kann.
Was können Sie konkret tun?
- Druck rausnehmen. Sich jetzt einzureden, dass man funktionieren muss, erleichtert die Situation nicht. Arbeiten Sie so gut es geht. Das darf jetzt sein, Sie sind keine Maschine. Sprechen Sie mit Ihren Kund:innen – die haben sicherlich Verständnis dafür. Geht es ihnen doch selbst nicht anders.
- Informationsfluss einschränken. Sie müssen nicht jede Meldung im Live-Ticker, nicht jeden Tweet lesen. Es reicht, ein- bis zweimal täglich in eine gute Nachrichtenseite oder eine Zeitung zu schauen. Dort sind Meldungen geprüft, gut einsortiert und weniger hitzig als in den Social Networks.
- Mit schönen Dingen ablenken. Gespräche mit Freunden, ein Spaziergang, Sport oder gute Musik. Was tut Ihnen gut? Was hilft Ihnen, den Kopf frei zu bekommen? Gönnen Sie sich etwas Gutes, um dem Weltschmerz nicht das Regiment im Kopf zu überlassen.
- Eine feste Tagesroutine. Es wird leichter, sich aufzuraffen, wenn Sie nicht groß darüber nachdenken müssen, was Sie als Nächstes machen wollen. Feste Tagesroutinen helfen, einen Automatismus zu schaffen. Es fällt leichter ins Tun zu kommen und sich dem Konstruktiven zu widmen.
- Aufgaben in kleine Häppchen brechen. Große Aufgaben überfordern Sie gerade? Brechen Sie sie in kleine Häppchen und arbeiten Sie diese nach und nach ab. Der große Berg wird machbar und nach jeder erledigten Teilaufgabe gibt es ein kleines Erfolgserlebnis.
Was der Krieg für Ihr Marketing bedeutet
Das Marketing bedarf gerade einer besonderen Sensibilität. »Business as usual« wirkt schnell unpassend. Es ist nicht einfach, zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Was für die einen in Ordnung ist, wirkt auf andere pietätlos.
EDEKA hat das gerade am eigenen Leib erfahren. Mit der Anzeige »Frieden ist ein Lebensmittel« haben sie eine Diskussion ausgelöst. Ich unterstelle den Marketern eine gute Absicht – den Versuch, klar Haltung zu zeigen. Durch den Bezug zum eigenen Claim »Wir lieben Lebensmittel« hat es aber einen Beigeschmack. Es wirkt wie eine getarnte Marketingaktion für das eigene Unternehmen. Und das stößt für viele auf und wirkt falsch. Andere feiern die Solidaritätsbekundung und verstehen die Kritik nicht.
Es gibt keinen allgemeingültigen Weg in solchen Situationen. Ein richtig oder falsch ist schwer definierbar. Selbständige stecken in einer Zwickmühle. Sie müssen selbst definieren, wie ein für Sie richtiger und passender Weg aussieht. Dazu ist manchen schlicht nicht danach, in der Öffentlichkeit für das eigene Business zu kommunizieren.
Gedanken und Tipps:
Was können Sie jetzt tun? Was sollten Sie sein lassen?
- Kampagnen stoppen? Sind Kampagnen oder Aktionen geplant – vielleicht auch schon durch automatisierte Social-Media-Posts – können die im Moment unangebracht wirken. Zudem laufen sie gerade Gefahr, zwischen den Kriegsbeiträgen unterzugehen. Schauen Sie, ob Sie diese Dinge zunächst stoppen und auf einen späteren Zeitpunkt schieben wollen.
- Wechseln Sie die Perspektive. Äußerungen können je nach Kontext unterschiedlich aufgenommen werden. Was für Sie mitfühlend klingt, kann für andere unangebracht oder gar verletzend wirken. Kommunizieren Sie mit Bedacht.
- Knüpfen Sie Spenden nicht an Likes. Das wirkt, als ob Sie von der Aktion profitieren wollen. Da helfen auch Versuche wenig, das irgendwie zu rechtfertigen. Für mich ein No-Go.
- Stille ist okay. Wenn Ihnen nicht danach ist, öffentlich zu kommunizieren, dürfen Sie das auch bleiben lassen. Auch Schweigen ist ein guter Weg, Respekt zu zollen. Einfach mal die Klappe halten. Wenn Sie keine Fragen aufkommen lassen wollen, können Sie über ein kurzes Statement posten, in dem Sie Solidarität bekunden und erklären, dass Sie aus Respekt das Marketing für den Moment ruhen lassen.
- Wenn Ihnen danach ist: Arbeiten Sie trotzdem an Ihrem Marketing. Sie können die Zeit nutzen, um z. B. im Hintergrund an Texten oder Bildmaterial für Website und Content-Hub zu arbeiten. Sie können neue Inhalte erstellen oder bestehende überarbeiten. Sie stärken damit Ihren Sog und werden für Menschen, die Bedarf für Ihr Angebot haben, findbar.
Hilfe für Menschen aus der Ukraine
- Übersicht: Spenden für die Menschen in der Ukraine
- Darum sind Geldspenden am besten
- Unterkünfte für Menschen aus der Ukraine
- Wie Unternehmen jetzt helfen können
- Hilfe für Geflüchtete – z. B. in Köln, Berlin, Hamburg, München
- Viele Telefonanbieter bieten kostenlose Telefonate / SMS in und aus der Ukraine – z. B. Telekom, Vodafone, O2, Sipgate
- Ukrainer:innen können öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen – z. B. Deutsche Bahn, KVB Köln
»Es gibt keinen Weg zum Frieden,
denn Frieden ist der Weg.«
(Mahatma Gandhi)

Autor: Sascha Theobald
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Jeden Mittwoch · In 2 Minuten gelesen