Wie Volvo clever polarisiert und dabei seine Positionierung stärkt

Volvo hat sich großes auf die Fahne geschrieben: Ab 2020 soll in deren neuen Autos niemand mehr sein Leben verlieren oder ernsthaft verletzt werden. Dazu gilt es drei Kernprobleme zu bekämpfen: Rasen, Alkohol / Drogen und Ablenkungen.
Der Autobauer will dazu die Höchstgeschwindigkeit auf 180 km/h begrenzen. Ein Sicherheitssystem soll zudem erkennen, ob der oder die FahrerIn unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fährt und ihn im Fall der Fälle warnen oder ausbremsen.
Für Volvo geht es hier mehr um als eine inhaltliche Debatte – es geht um die glaubhafte Positionierung des Autokonzerns.
Volvo polarisiert bewusst
Der WELT-Chefredakteur Ulf Porschardt – ein bekennender Porsche-Fahrer – wittert die große Entmündigung der Bürger:innen. Die Freiheit der Autofahrer:innen sei in Gefahr und die Verunsicherung vor der Zukunft werde befeuert. Auf Twitter habe ich bei einem Kommentator was von »Zwangskastration« gelesen. Auf der anderen Seite machen sich nicht nur Anhänger:innen des Klimaschutzes für Geschwindigkeitsbegrenzungen stark und begrüßen den klaren Vorstoß aus dem Hause Volvo.
Der Aufreger aus Schweden kam zur rechten Zeit. War doch in Deutschland gerade wieder die Diskussion zur allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung aufgekocht. Der Verkehrsminister erteilte ihr eine klare Absage – der deutsche Bleifuß hatte schon aufgeatmet. Nun sagen die Volvo-Verantwortlichen, dass eine Höchstgeschwindigkeit nicht reiche. Sie wollen bewusst die Diskussion anzetteln, ob Autobauer mit technischen Mitteln in das Fahrverhalten eingreifen dürfen. Volvo hat für sich dazu eine klare Antwort gefunden.
Eine Sache der Positionierung:
Volvo steht für Sicherheit
Seit ich denken kann, steht die Marke Volvo für Sicherheit im Straßenverkehr. Damit grenzt sie sich zum Beispiel klar von Fahrfreude (BMW) und Technik (Audi) ab. Für die Verantwortlichen ist klar, dass man diese Positionierung auch Leben muss. Auch wenn das Gegenwind auslöst. Und auch wenn man dadurch potenzielle Käufer:innen verliert. Aber tun sie das wirklich? Volvo-Chef Håkan Samuelsson ist sich sicher: »Wir werden mehr Käufer anlocken, als wir verlieren«.
Und diese Rechnung dürfte aufgehen. Die Volvo-Zielgruppe will nicht rasen, sondern die Familie sicher nach Hause bringen. Menschen mit dieser Priorität im Kopf werden sich noch mehr mit der Marke Volvo identifizieren und die Geschwindigkeitsbegrenzung begrüßen.
Kommentar
An dieser Stelle möchte ich gar nicht über Sinn oder Unsinn einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung diskutieren. Volvo hat hier ein großartiges Stück Markenarbeit hingelegt. Sie haben ihre Positionierung ernst genommen und konsequent umgesetzt. Sie wissen, dass Everybody’s Darling in Zeiten des Angebotsüberflusses keine Chance hat. Sie haben sich für ihre sicherheitsbewusste Käuferschaft noch attraktiver gemacht und Rasern eine klare Abfuhr erteilt.
Volvo stärkt mit der gelebten Haltung und einer konsequenten Kommunikation die emotionale Bindung zur Marke. Ob Presse oder Social-Media-Nutzer:innen: Sie alle haben mit der hitzigen Diskussion dazu beigetragen die klare Positionierung des Autobauers in die Welt zu tragen. Das alles wird sich für Volvo auszahlen.
Was können Unternehmen von Volvo lernen? Starke Marken haben eine klare Haltung und vertreten diese auch bei Gegenwind. Starke Marken polarisieren souverän aus einer grundlegenden Überzeugung, um bei den richtigen Menschen Resonanz zu erzeugen und die Bindung zur Marke zu stärken. Starke Marken versuchen nicht, allen zu gefallen.
Zuletzt aktualisiert: 19.04.2023

Autor: Sascha Theobald
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